EHC Arosa
Seit 1924
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NEWS

Spielbericht EHC Arosa 4:0 GDT Bellinzona

4 : 0
1:0 0:0 3:0

Di. 05.03.19 | 20:00

Sport- und Kongresszentrum Arosa

1230 Zuschauer

Link Game Center Swiss Ice Hockey

Ludwig van Beethoven am Obersee: EHC Arosa mit 60 Minuten-Sinfonie in Playoff-Final

Minuten vor Matchende: 1'230 fanatische Zuschauer stehen allesamt und stampfen und kreischen und johlen und quitschen und toben. Eine Mordsstimmung lässt das Sport- und Kongresszentrum in den Grundmauern erzittern. Kurz nach 22 Uhr die Schlusssirene. Der eigentlich Ohrenschmerzen verursachende Ton kommt Ludwig Van Beethovens Schlussakkord in dessen neunter Sinfonie gleich. Ein Ohrenschmaus sondergleichen. Der EHC Arosa gewinnt eine hochpackende "Belle" vor Saisonrekordkulisse gegen Bellinzona 4:0 und steht im Playoff-Final gegen Wetzikon.


An Beethovens Neunter führt kein Weg vorbei: Keine andere Sinfonie zuvor (auch keine Beethovens) war so umfangreich, so revolutionär, so innovativ, keine andere Sinfonie hat auch nur annähernd die Wirkung der ‚Neunten‘ auf die Musikgeschichte und weit darüber hinaus. Beethovens letzte vollendete Sinfonie ist längst zu einem allgemeinen Kulturgut der Menschheit geworden, der berühmte Schlusschor ist nicht zufällig die europäische Hymne.
An diesem Abend, an diesem alles entscheidenden um siegen oder fliegen, um Playoff-Finalqualifikation oder raus aus der Meisterschaft, führt kein Weg am EHC Arosa vorbei. Keine andere Aroser Mannschaft hat in den letzten Jahren  auch nur annähernd die Wirkung und Ausstrahlung auf die Aroser und das gesamte Publikum wie dieses Team. Im Stadion sind so viele, alteingesessene Aroser wieder zu sehen, wie seit vielen Jahren nicht mehr.


Bereits eine Stunde vor Matchbeginn steht eine grosse Menge Zuschauer vor der Matchkasse und scharrt mit den Hufen. "Wir wollen rein, wir wollen rein", glaubt ein Gedankenleser in den Gesichtern der erwartungsfrohen Spielbesucher zu sehen. Es sind jene Fans, die sich kein Ticket auf den Skipisten und Skihütten-Sonnenterrassen in den Tagen vor, wie es 400 taten, gesichert haben.


Trainer Marc Haueter muss seine letzten Worte in der Garderobe kurz vor Spielbeginn in fast schon schreierischer Manier an die Mannschaft bringen. Die EHC Arosa-Garderobe befindet sich direkt unterhalb der Stübli-Seite, auf der die Fans bereits in Hochform sind. Kuhglocken werden geschwenkt und ohrenbetäubend "Hopp Arosa" gebrüllt.


Mit dem Rückenwind von zuletzt zwei Siegen angereist, versuchen die Bellinzonesi gleich zu Spielbeginn die Aroser zu brechen. Aber nix da. Der EHC Arosa hält dagegen. Im Tor brilliert von der ersten bis zur letzten Sekunde Goalie Sven Witschi. Der Emmentaler im Aroser Kasten ist eine Bank und feiert tatsächlich in diesem so eminent wichtigen und entscheidenden Spiel einen Shutout. Winner-Witschi.


Es ist eine unfassbar umkämpfte Partie. Der EHC Arosa kann dabei den Druck immer mehr erhöhen. Dieser Wille dieser Aroser. Gross. Einfach gross. Ganz typisch dafür das 1:0. Die beiden Hockey-Zwillinge und Busenfreunde Bruderer und Roner ackern und guseln so lange und so fest, bis Livio (Roner) diesen gottverdammten Puck endlich über die GDT-Torlinie drücken kann. GOOOOAL, EHC AROSA! Ach, Du hochheilige und zu tiefst geachtete und bewunderte Schanfigger Hexe, siehst Du, was am Obersee abgeht? Reto Dekumbis, Heini Staub, Lutta Waidacher, Guido Brun - alles EHC Arosa-Meisterspieler in den goldenen 1980er Jahren - springen so fest in die Höhe, dass sie nach der Landung fast ins medizinische Zentrum gleich vis-à-vis des Stadions eingeliefert werden müssen. So typisch diese Szenerie: Die grosse Aroser Hockey-Garde fiebert gigantisch mit ihren Nach-Nach-Nachfolgern mit - und mit ihnen über 1'200 in Ekstase geratenden Zuschauer.


Der Match bleibt unheimlich - und vor allem für alle Aroser mit Anzeichen von Herzschwäche - sehr ungesund und exorbitant spannend. Im zweiten Drittel gibt's wieder eine Phase, wo die Aroser gehörig leiden müssen. Hauis Jungs spielen nicht mehr ganz so konsequent, lassen den Gästen ein entscheidendes Mü zu viel Spielraum und prompt brennts immer wieder. Das Publikum merkt sehr schnell, dass die Mannschaft Hilfe von aussen benötigt und schon heizen "Jumbo" und "Wenda" auf der Tribüne an und durchs Stadion brandet ein stimmgewaltiger Föhn durch die Reihen. Blaugelb wird davon erfasst und schon fliegen sie da wieder.


41:19. Bellinzonas Fratessa katapultiert sich mittels Hakenvergehen auf die Strafbank. Überzahl EHC Arosa. Und jeder weiss es im Stadion. Jetzt. Jetzt! Jeeeetzzzt! Das ist der Moment für die Aroser. Deeer Moment. Powerplay. Die Scheibe läuft. Uuuh, sie läuft. Von links, nach rechts, tief, dann wieder hoch, quer. Viel Bewegung beim EHC Arosa. Die Bellinzonesi hecheln nur noch umher. Und dann der Moment. REETOOOOO AMSTUUUUTZ. TOOOOOOR, E H C  A R O S A! 2:0!! Was für ein Knall entlädt sich im Sport- und Kongresszentrum. Nein, es sind nicht die Pistenpatrouilleure der Arosa Bergbahnen, die eben eine Lawinensprengung zur Sicherheit der Aroser Gäste ausgelöst haben - es ist der EHC Arosa, der es beben lässt.

Jetzt muss sich selbst der taube Zuschauer Ohrenpfröpfen reinstöbseln - so laut ist's im Stadion. Die Aroser spüren es: Jetzt oder nie. Nachsetzen. Der Gegner aus der Stadt, die in der Talebene östlich des Flusses Tessin am Fuss des Gotthardmassivs nahe der Grenze von Sopraceneri (nördliches Tessin) und Sottoceneri (Südtessin) liegt, wankt. Von zig Stunden Rocky-Film schauen, von denen es acht Episoden gibt, und Silvester Stallone auch bei den Jüngsten im Kader des EHC Arosa durchs Kinderzimmer geboxt hat, wissen die Blaugelben: Jetzt zum entscheidenden Punch ansetzen. Und der kommt. Nein, gar zweifach: Yannick Bruderer und Flavio Cola machen die Buden zum 3:0 und 4:0.


Dieses Match, diese Leistung des EHC Arosa, der so gewaltig unter Druck stand, ist nur mit der grossen Sinfonie von Ludwig van Beethoven zu vergleichen. Natürlich mit der 9. Sinfonie in d-Moll op. 125. Rund 70 Minuten dauert dieses grossartige, klassische Werk mit Uraufführung 1824, also genau 100 Jahre vor der Gründung des EHC Arosa. Um 22.05 Uhr ist Aus am Obersee. Die Schlusssirene ist ein Genuss und sie verleitet in diesem Moment den bis dahin sehr nüchtern schreibenden Matchberichtler zu einer leichten Anpassung von Beethovens einzelnen Sinfonie-Textpassagen.


Wem der große Wurf gelungen,
Eines Tores Torschützen zu sein;
Wer ein holder Sieg errungen,
Mische seinen Jubel ein!

Seid umschlungen, Freude-Millionen!
Diese Gratulationen der blaugelben Welt!
Brüder, überm Weisshornzelt
Muss ein lieber Hockey-Gott wohnen.
Seid umschlungen, Freude-Millionen!

WEITERE FOTOS FOLGEN


EHC Arosa - GDT Bellinzona 4:0 (1:0, 0:0, 3:0)

Sport- und Kongresszentrum, Arosa, 1'230 Zuschauer (Saisonrekord), Häusler; König, Remund

Tore: 13. Roner (Bruderer) 1:0, 42. Amstutz (PP, Pfranger, Jeyabalan) 2:0, 46. Bruderer (Roner) 3:0, 51. Cola (Jeyabalan, Klopfer) 4:0

Strafen EHC Arosa: 3x2 Minuten
Strafen GDT Bellinzona: 3x2 Minuten

EHC Arosa: Witschi; Hostettler, Agha, Klopfer, Hoffmann, Dünser, Salerno, Carevic, Bossi, Bruderer, Roner, Tosio, Jeyabalan, Amstutz, Cola, Bandiera, Bigliel, Pfranger, Däscher, Weber, Roffler

GDT Bellinzona: Chmel; Franzoni, Fratessa, Brazzola, Spinetti, De Bernardi, Biasca, D'Andrea, Masa, Juri, Schena, Cordiano, Lakhmatov, Guidotti, Taiana, Sartori, Capella, Bobbia, Ermani, Rosselli

Bemerkungen: EHC Arosa ohne Gruber (verletzt, Saisonende), Allegri und Steiner (überzählig)
Playoff 1/2-Finals, 5. Runde:
EHC AROSA (2.) - GDT BELLINZONA (4.) 4:0 (3:2)