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Spielbericht EHC Wetzikon 2:3 EHC Arosa
Big Bang in Wetzikon: Totaalijshockey van EHC Arosa
3:2 im eigentlich uneinnehmbaren Wetzikon. Break - Dem EHC Arosa gelingt mit einer eigentlich unbeschreiblichen Willensleistung ein eigentlich unfassbarer Auswärtssieg. Amstutz und Co. spielen Totaalijshockey - Ganz zur Freude von Jack de Herr und Co. Mit einem Sieg diesen Donnerstag im vierten Playoff-Finalspiel zu Hause sind die Aroser Meister.
Man spürt es bereits auf der Hinfahrt im Car. Eine spezielle Stimmung
herrscht da. Irgendwie ganz speziell. Anders als am letzten Donnerstag,
als das erste Gastspiel in Wetzikon mit 1:5 verloren gegangen ist. Fast
schon gespenstig wirkt die Stimmung. Die Aroser, alle im Car mit einer
eigenen Sitzreihe, verhalten sich ruhig. Sehr ruhig. Wie soll dies
interpretiert werden? Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen. Aus der
Mitte des Cars dringt Radiomusik von SRF 3 nach vorne. Irgend etwas
Halbkuschliges dudelt durch den Raum. Der Chronist, der ausschliesslich
harte Elektromusik, ohne jegliche Gesangsstöreffekte mag, ist irritiert.
"Viel zu soft, die Musik", schiesst es ihm durch den Kopf. "Das geht ja
gar nicht. Und schon gar nicht vor einem Playoff-Finalspiel!" Und wie
er sich täuscht.
An diesem Abend ist alles anders im Vergleich vor fünf Tagen an gleicher
Wirkungsstätte. Damals verschlief das Team das erste Drittel komplett
und handelte sich mit dem 0:3 nach 20 Minuten eine zu grosse Hypothek
ein. Dieses Mal geht sie mit einem 1:1 in die erste Drittelspause. Der
Blick in die Gesichter der Spieler verrät's. Die Aroser haben die volle
Zuversicht, als nächstes zuzuschlagen. Der Zeitpunkt ist angebrochen, um
"Totaalijshockey" zu spielen. Dieser Begriff wird im Eishockey an
diesem Abend unbewusst durch den EHC Arosa geboren. Es ist eine
Herleitung aus dem Fussball - Entstanden in Holland, der Heimat von EHC
Arosas grossartigem Stürmer Jack de Heer.
Totaler Fußball (niederländisch „Totaalvoetbal“) ist ein Spielsystem im
Fußball, bei dem auf jeder Position, die zuvor von einem Spieler
verlassen wurde, ein anderer nachrückt. Dies führt dazu, dass alle zehn
Feldspieler zusammen angreifen und alle zehn Feldspieler zusammen
verteidigen. Kein Spieler muss auf seiner Anfangsposition bleiben, jeder
kann nacheinander Stürmer, Mittelfeldspieler oder Verteidiger sein. Das
System erfordert von den Spielern ein hohes Taktikverständnis, um die
entstehenden Lücken schnell zu füllen – im besten Fall kann jeder
Spieler auf jeder Position spielen. Außerdem wird den Spielern eine
herausragende Technik und körperliche Leistungsfähigkeit abverlangt.
Entstanden ist der Begriff bereits 1915 mit der Arbeit Jack Reynolds als
Trainer von Ajax Amsterdam. Rinus Michels hat dann in den 1970ern
Totaalvoetbal mit Mittelfeld-Genie Johan Cruyff perfektioniert.
Jack de Heer verfolgte die begeisternde Spielweise von Ajax damals aus der Ferne intensiv mit, als er in seiner Heimat bei Tilburg Trappers und Feenstra Flyers Heerenveen in rund 250 Matches fast 800 Scorerpunkte sammelte. Mit dieser unglaublichen Punkteausbeute war der Weg zum EHC Arosa geebnet. Auch bei den Schanfiggern schlug "JdH" gewaltig ein. In 38 Matches erzielte er sagenhafte 95 Punkte, was einem Schnitt von 2,5 pro Match entspricht. Mit den Arosern wurde Jack de Heer 1982 Schweizer Meister.
Für die herausragende Technik sorgen Flavio Cola, Ramon Pfranger und Reto Amstutz unter anderem bei ihren Toren. Jene zwei Treffer im Mitteldrittel sind die Basis für den eminent wichtigen Auswärtssieg. Und die körperliche Leistungsfähigkeit, die Totaalvoetbal, oder in diesem Fall Totaalijshockey verlangt, bringt jeder Aroser auf den Gletscher. Und dies trotz achtem Playoffspiel innert 19 Tagen! Die Mannschaft rackert und kämpft vor dem Herrn und dies vom ersten Puckeinwurf bis zur Schlusssirene. Höllisch.
Wetzikon ist ein immens starker Gegner und die Mannschaft soll gemäss Cluboffiziellen so gefightet haben, wie noch nie in dieser Saison. Es ist insgesamt ein hochattraktiver Match, der in den Schlussminuten an Spannung nicht zu toppen ist. Der EHC Arosa übersteht eine turbulente Endphase und liegt sich gegen halb 11 Uhr in den Armen. Mit Totaalijshockey gewinnen die Aroser zum ersten Mal nach dreieinhalb Jahren ein Meisterschaftsspiel in Wetzikon. Jack de Heer freut sich über den Sieg trotz grosser räumlicher und zeitlicher Distanz enorm. Der fliegende Hockey-Holländer war und ist so ein verrückter, dass ihm zuzutrauen ist, dass er rasch möglichst ins Flugzeug steigt, um am Donnerstagabend in Arosa beim vierten Playofffinal live im Stadion dabei zu sein. Er wäre nicht der Einzige, der das will. Der EHC Arosa hat die Hand am Pokal. Kann er ihn auch stemmen? Es wäre total verrückt. "Totaal krankzinnig".
Hopp Arosa! Hup Arosa!
Eishalle, Wetzikon, 1'236 Zuschauer, Schiedsrichter Blum; Fankhauser, Grau
Tore: 2. Cola (Bandiera) 0:1, 4. Schenk (Luchsinger) 1:1, 21. Pfranger (PP) 1:2, 38. Amstutz (PP, Bigliel) 1:3, 42. Luchsinger (PP, Buchmüller) 2:3
Strafen EHC Wetzikon: 7x2 Minuten + 1x5 Minuten + Spieldauerdisziplinarstrafe (Rykart, Bandencheck) Strafen EHC Arosa: 7x2 Minuten
EHC Wetzikon: Peter; Wittwer, Schneider, Nic. Marzan, Röthlisberger, Hofer, Zuber, Bader, Luchsinger, Rykart, Brandi, Buchmüller, Hürlimann, Laimbacher, Nin. Marzan, Pons, Eggimann, Vesely, Rüedi, Schenk, Beer
EHC Arosa: Witschi; Agha, Hostettler, Hoffmann, Klopfer, Dünser, Salerno, Carevic, Bossi, Bruderer, Roner, Tosio, Jeyabalan, Amstutz, Pfranger, Bandiera, Bigliel, Cola, Däscher, Weber, Roffler
Bemerkungen: EHC Arosa ohne Gruber (Saisonende) und Allegri (überzählig)
EHC WETZIKON (1.) - EHC AROSA (2.) 2:3 (1:2)